Der Kunde hat Bittsteller zu sein und zu bleiben…

Beim Börsenverein hauen sie sich mal wieder auf die Schultern: Krachenden Sieg über amazon errungen, noch dazu vor Gericht, haben wir’s den Fatzkes gezeigt, wer Herr im deutschen Bücherhaus ist. Buchpreisbindung unterlaufen? Nicht mit uns! Sogar Spiegel Online berichtet drüber!

Was hat amazon gemacht? Willkürlich eine Wagenladung neuer Folletts runtergepreist und für zwofuffzich über den virtuellen Grabbeltisch geschoben? Die Preise für alle Bücher von Verlagen angehoben, die ihre E-Books nicht nach Bezos‘ Vorstellungen bepreisen?

Nein, beim Buchreport schildern sie den Vorfall arglos und offen:

Hintergrund: Der Börsenverein hatte Klage gegen den Online-Händler eingereicht, weil Amazon einen Nachlass auf ein preisgebundenes Buch gewährt hatte. Der Käufer wollte den betreffenden Titel ursprünglich gebraucht auf dem Amazon Marketplace erwerben, weil aber die Verkäuferin nicht bereit gewesen sei, für das Buch eine Rechnung auszustellen, habe der Kundenservice ein verlagsneues Buch zum Preis des gebrauchten Buches verkauft, rekapituliert der Verband. Amazon habe argumentiert, es habe sich um einen Ausnahmefall gehandelt, die betroffene Mitarbeiterin im Kundenservice sei zum Abschluss von Verträgen gar nicht bevollmächtigt gewesen, zudem sei der Sachverhalt verjährt.

In jedem Seminar zum Thema Kundenzufriedenheit wäre der amazon-Service als absolut vorbildlich gelobt worden: Man nimmt sich eines Problems an, das man gar nicht selbst verschuldet hat, und löst es auf eine für den Kunden zufriedenstellende Weise. Der Börsenverein sieht nur den (möglicherweise unabsichtlichen) Verstoß gegen die Buchpreisbindung und prozessiert über mehrere Instanzen, um amazon zu einer Unterlassungserklärung zu zwingen.

Die das Unternehmen vermutlich mittlerweile gern abgegeben hat. Denn hier zeigt sich exemplarisch, welches Unternehmen sich um die Zufriedenheit seiner Kunden bemüht, und wer rechthaberisch auf Formalien pocht, die die eigene Kundschaft nur schwerlich nachvollziehen kann.

Buchhändler waren hunderte Jahre lang Monopolisten, an denen kein Weg vorbeiführte, wenn man ein bestimmtes Buch kaufen wollte. In dieser langen Zeit haben sich viele (natürlich nicht alle, aber wirklich sehr viele) Buchhändler angewöhnt, die Kunden wie Bittsteller zu behandeln, die froh sein können, wenn sie das Buch bekommen, das sie haben wollen. Erstaunlicherweise ist diese Attitüde noch vielerorts anzutreffen. Der mündige Buchkäufer wird sich seinen Reim drauf machen.