Es ist ein Mentalitätsproblem

Viele Buchhändler bekommen ein wehmütiges Glimmen in den Augen, wenn Sie an die alten Zeiten denken. Früher, bevor es dieses Scheiß-Internet gab, als man noch der monopolistische Hüter des Verzeichnis lieferbarer Bücher war, der Kunde froh sein konnte, wenn man ihm sein Wunschbuch überhaupt bestellte und ihn nicht mit einem „GippsnichistaufabsehbareZeitnichlieferbaaar!“ abschmetterte, kurz: diesen wunderbaren Zeiten ohne Drecks-Online-Händler, als der Weg zum Buch ausschließlich über einen selber führte, heissahoppsa, war das schön!

Doch diese Zeiten sind vorbei, und die Tatsache, dass gewisse Online-Dienstleister beim Bücherverkauf mittlerweile erfolgreicher sind als stationäre Buchhändler, liegt nicht daran, dass die Bücher im Internet irgendwie billiger wären (stimmt nämlich nicht) oder schneller geliefert würden (stimmt nämlich auch nicht), sondern daran, dass diese Online-Dienstleister ihre Kunden auf Augenhöhe begegnen und sie höflich und zuvorkommend behandeln.

Dass das unter Buchhändlern immer noch nicht selbstverständlich ist, sieht man mehr als deutlich – natürlich – beim Börsenblatt, das ein Buchhändler-Tagebuch zu Logistikproblemen mit dem Großhandel veröffentlichte, in dem es unter anderem

In den Zeiten der generellen, zuverlässigen und vollständigen Übernachtbelieferung durch KNV, war es sowas von selbstverständlich geworden, dass man um siebzehn Uhr noch bestellte und um acht am nächsten Tag die Ware in den Händen hielt. Sie waren sowas von verwöhnt die Kunden, waren sowas von daran gewöhnt, den Puderzucker rektal verabreicht zu bekommen, dass sie diese großartige Leistung, die ja wohl nur noch die Apotheken zustande bringen, als vollkommen normal ansahen.

heißt. Und es geht munter weiter…

Zumindest einigen Kommentatoren ist aufgefallen, dass ein solches Kundenbild durchaus diskutabel ist. Ironie hin, unangebrachter professioneller Zynismus her, erstaunlich, dass Buchhändler sich öffentlich so über ihre Kundschaft äußern. Erstaunlich, dass das Börsenblatt dass so veröffentlicht. Anscheinend findet man diese Haltung ganz okay.

Nuja, immerhin liefert man die Erklärung, warum im Weihnachtsgeschäft der Buchhandel bis zum 4. Advent unter Vorjahr abschnitt, und ein Online-Dienstleister (trotz Streik!) 20 Prozent zulegte. Es ist ein Mentalitätsproblem.