Was das abgesagte Prince-Konzert mit den E-Book-Preisen zu tun hat

Foto: Micahmedia at en.wikipedia [CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons
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Wer mal eine richtig „schöne“ Geschichte lesen will, wie jemand, der seine Kunden wie die Zitronen auspressen will un sich dabei selbst ins Knie schießt, klickt hier: Da steht die Geschichte vom abgesagten Prince-Konzert in Berlin, von einem Veranstalter, der zunächst versucht hat, Ticketpreise durchzusetzen, die nicht von dieser Welt waren. Als er merkte, dass das nicht funktioniert, hat er preiswertere Tickets angeboten, damit die loyalen Fans verprellt, die sich schon teure Tickets verkauft haben, aber der Verkauf hat immer noch nicht angezogen, bis das Konzert schließlich abgesagt wurde. Steht alles ausführlich hinterm Link oben.

Was das mit diesem Blog und seinem Thema „Schreiben und Veröffentlichen“ zu tun hat? Sehr viel, denn derzeit feiert sich die deutsche Buchbranche selbst dafür, dass der E-Book-Markt hierzulande nicht so schnell wächst, wie er es in den USA getan hat. Da hauen sie sich selber auf die Schultern, brüllen „Hammwasnichjesacht, Papier bleibt doch Papier!“ und freuen sich. Wie die kleinen Kinder.

Ein verantwortungsbewusster Verleger oder Buchhändler würde sich jedoch die eigentlich naheliegende Frage stellen: „Warum zum Teufel verkaufen die Amerikaner so viel mehr E-Books als wir? Was machen die besser?“

Die Antwort ist simpel: Weil sehr, sehr viele deutsche Verlage sich benehmen wie die Ticketanbeiter für das Prince-Konzert und für ihre E-Books Mondpreise aufrufen, die ein Leser, der seine 5 Sinne beisammen hat, nicht bezahlen möchte. Nehmen wir als Beispiel Roger Willemsens (übrigens sehr lesenswerten) Bestseller: „Das Hohe Haus“. Die Hardcover-Ausgabe ist für 19,99 Euro zu haben, als E-Book ruft Fischer vollfette 17,99 Euro auf, das ist sogar teurer als das Hörbuch.

Menschen, die einen E-Book-Reader haben, können sich entscheiden, ob sie das Buch auf dem Reader oder auf Papier lesen wollen, und natürlich entscheiden sie sich in solch einem Fall für das Papier-Buch. Das können Sie, wenn sie’s ausgelesen haben, verleihen, verschenken, bei ebay verkaufen… kurz, da ist eine Mehrfachnutzung möglich, die die zwei Euro mehr als wett macht.

„Ja, wärst du mal beim Papierbuch geblieben, anstatt das Geld für einen E-Book-Reader rauszuschmeißen!“, ruft mir jetzt der deutsche Verleger zu. Und sollte sich stattdessen ernste Sorgen machen, denn viele kleine Verlager, die im stationären Geschäft meist keine Chance gegen die Branchenriesen haben und viele Indie-Autoren erobern sich gerade im Windschatten dieser Wucherpreise ein großes Lesepublikum.

Ich jedenfalls habe im Bereich (Ent-)Spannungsliteratur viele hochklassige Autoren entdeckt, die mich mit professionell geschriebenen und umgesetzten E-Books bestens unterhalten und die für ihre Bücher Preise aufrufen, die ich als fair empfinde (meistens zwischen 4 und 6 Euro) und gern bezahle.

Und da diese Bücher meistens direkt über amazons Kindle-Store bezogen werden (und deren Printausgaben im stationären Buchhandel meist nicht zu haben sind, der Buchhandel mag sogenannte „Amazon-Autoren“ nicht, ein Kapitel für sich!) tauchen sie auch in der Statistik nicht auf, über die sich deutsche Verleger und Buchhändler so sehr freuen. Täten sie es, gäbe es sehr wahrscheinlich überhaupt keinen Grund zur Freude mehr.

Wie ging die Prince-Geschichte weiter? Prince hat zwei Ersatzkonzerte in London gegeben, zu denen die Tickets zu akzeptablen Preisen (um die 100 Euro statt über 300 in Berlin) angeboten wurden. Die Konzerte waren in 5 Minuten ausverkauft. Darüber sollten die deutschen Verleger mal nachdenken. Was fair bepreiste E-Books angeht, liegt London um die Ecke.

 

4 Gedanken zu „Was das abgesagte Prince-Konzert mit den E-Book-Preisen zu tun hat

  1. Ach ja… meine Begeisterung für eBooks ist schon wieder ziemlich abgeflaut, und das liegt nur zum Teil an den (teilweise) zu hohen Preisen. Auch ein für günstig gekauftes eBook kann ich nicht verleihen, verschenken oder (nicht doch!) verkaufen.

    (Abgesehen von den gemeinfreien auf Gutenberg.com, damit geht das natürlich.)

    Ich kann nicht eben mal zurückblättern — „wer war denn das jetzt noch mal?!“ — oder den Finger in einer Seite halten. Ja, technisch gesehen geht das natürlich mit eBook-Readern, aber wie umständlich ist das! Eine Plage.

    Das eBook fühlt sich nicht an, es sieht nicht aus (na ja, sagen wir „kaum“), und es riecht nicht. Das Schlendern im Buchladen und Stöbern nach etwas interessantem ist mir, zugegeben, selten geworden mit den allgegenwärtigen Versendern, aber mit eBooks geht es gar nicht mehr. Ich kann mit eBooks nicht drei Fachbücher gleichzeitig aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegen haben.

    Das mag alles nebensächlich klingen, und oft ist es das auch. Aber ich merke, dass meine Aufmerksamkeitsspanne bei eBooks typischerweise niedriger ist als bei „richtigen“ Büchern. Das Lesen macht einfach nicht denselben Spaß, es fesselt mich weniger.

    Im Urlaub ist das eBook super. Statt eines halben Koffers voller Bücher ist da nur noch so ein kleines, leichtes Ding. Besonders die geliebte Ehefrau weiß das zu schätzen, die sich in alarmierendem Tempo durch die (Ent-)Spannungsliteratur fräst. Aber ich ärgere mich doch schon ein bisschen, das eine Urlaubsbuch (das neue von J. K. Rowling, hat mir sehr gefallen!) nicht auf Papier zu haben. Dann könnte ich noch mal ein bisschen drin rumblättern.

    Das andere, vor über zehn Jahren im Grabbel gekauft, und davor auch 40 Jahre nicht gelesen, so gut wie es noch aussieht, riecht übrigens ganz toll.

    J.

  2. Was Fachbücher anbelangt, stimme ich dir uneingeschränkt zu. Bücher mit denen man richtig arbeiten muss, funktionieren auf Papier einfach besser.
    für die Unterhaltunsglektüre ziehe ich mittlerweile das E-Book allem anderen vor, was vermutlich daran liegt, dass ich kein „Blätterer“ bin, sondern mich zielgerichtet und stetig beschleunigend durch eine gute Geschichte fräse.
    Für mich unerreicht: die ganz, ganz dicken Ken-Follett-Schwarten auf dem Rücken liegend lesen können, das „Buch“ mit zwei Fingern haltend. Hach ja…

    1. Na gut, fur Ken Follett — der ist ihnehin nicht meins. „Pillers of the Earth“ fand ich furchtbar, da ging der Spannungsbogen derart eintönig hoch und runter, dass mir ganz schlecht wurde auf die Dauer. Nur das drunterliegende Sachthema hat mich durchhalten lassen, aber vom dem fass ich nix wieder an.

      Ja, ich muss wohl in Zukunft genauer überlegen und gezielter unterscheiden, wovon ich mir ein eBook reicht und was ich als Druckausgabe haben will.

  3. Ich träume ja davon, daß Amazon – wie sie es bei CDs schon machen – das eBook gratis oder für kleinen Aufpreis dem Papierbuch beilegen. Es ist einfach praktisch, aber ich möchte nicht auf den Staubfänger im Regal verzichten.

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